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Gute Figur: Wie Playmobil sich am stagnierenden Spielzeugmarkt behauptet

Middle ages
Credit: AUFORT Jérome / stock.adobe.com

Bauarbeiter, Cowboys und Ritter. Als das deutsche Mittelstandsunternehmen Brandstätter 1974 seine ersten Playmobil-Figuren auf den Markt brachte, war der Erfolg ebenso bescheiden wie die Auswahl an Spielwelten und Figuren. Etwa 3 Milliarden produzierte Figuren später liefert der deutsche Mittelständler in Besitz der geobra Brandstätter Stiftung 100 Millionen Figuren jährlich aus 40 Spielwelten in 100 verschiedene Länder. Mit Einfallsreichtum und einem großen Schuss Nostalgie trotzt man der Krise, in der die traditionelle Spielzeugindustrie seit Jahren steckt. Welche Chancen hat das Unternehmen genutzt? Und welche Herausforderungen stehen noch bevor?

Dass Erfindungsreichtum in der Not entsteht, mag ein Klischee sein, trifft aber auch auf die berühmten Playmobil-Figuren zu: sie verdanken ihre Existenz der Ölkrise 1973. Die steigenden Rohstoffpreise veranlassten Unternehmensgründer Horst Brandstätter damals, von da an den Fokus von produzierten Kindermöbeln und Deckenverkleidungen aus Plastik auf die nur 7,5 cm kleinen Systemspielzeugfiguren zu lenken, die sein Mitarbeiter Hans Beck bereits seit 1970 entwickelte.

Zur Markteinführung bei der Nürnberger Spielzeugmesse 1974 bevölkerten nur insgesamt 19 Produkte das Playmobil-Universum, eingeteilt in Baustelle, Wilder Westen und Ritterzeit. Trotz zunächst überschaubaren Erfolgs entwickelten die Kinder eine wahre Leidenschaft für die Plastikfiguren. Mehr als 3.700 kleine „Persönlichkeiten“ sind seitdem entstanden und weltweit arbeiten 4.600 Mitarbeiter für das bereits seit den 70ern umsatzstärkste deutsche Spielwarenunternehmen. Gründer Horst Brandstätter blieb bis zu seinem Tod 2015 im Unternehmen aktiv – und investierte 2008 noch einmal kräftig in die Herstellung von Pflanzkübeln als weiteres Geschäftsstandbein. Währenddessen behauptet sich der größte Umsatzbringer Playmobil auch in einer seit Jahren stagnierenden Spielzeugbranche. Wir werfen einen Blick auf Playmobils Stärken – und die Herausforderungen der Zukunft.

Das Produkt: Out-of-the-box Fantasie und Qualität als Anker

Einheitliche männliche Figuren in durchgehender Farbe: schlicht, fast schon einfallslos präsentierten sich die ersten Playmobil-Figuren. Das machte sie zur idealen Leinwand für Kinderfantasien. Wie genau die Figuren ausgestattet waren und welche Abenteuer sie erlebten, entschied ihre Kreativität. Die Playmobil-Figurenlandschaft hat sich inzwischen multipliziert und Kinder können aus 40 Welten sowie 3.700 verschiedenen Figurenvarianten wählen.

Gleichzeitig baut Playmobil noch immer auf dieselben Prinzipien – auf die urmenschliche Freude am Geschichtenerzählen und die Möglichkeit, mit einem einfachen Griff in eine Box neue Welten zu kreieren und bespielen. Die hohe Qualität der Figuren ermöglicht außerdem die Weitergabe von Spielzeug – nicht nur unter Geschwistern, sondern auch an die nächste Generation. Und bedient damit neben der Fantasie der Kinder auch die Nostalgie ihrer Eltern.

Die Marke: Mit Storytelling und Nostalgie gegen die digitale Revolution

Playmobil war aus den Kinderzimmern der 70er, 80er und 90er nicht wegzudenken. Nun sind die Kinder von damals selbst Eltern. Ihre positiven Erinnerungen an aufregende Spielnachmittage wollen sie auch den eigenen Kindern weitergeben. Deshalb ist Nostalgie eine der Grundlagen des anhaltenden Erfolges von Playmobil. Aber auch die generationsübergreifende Lust daran, Geschichten zu erfinden und zu erzählen. Playmobil kommt dem mit seiner Langlebigkeit, Vielseitigkeit und Zeitlosigkeit entgegen.

Während die Knopfaugen und das Dauerlächeln immer dasselbe bleiben und für Wiedererkennbarkeit sorgen, fügen sich die Charaktere in die Lebenswelt der nächsten Generation ein, Figuren wechseln ihre Frisuren, Outfits, Kulissen und Anlässe (so gibt es z. B. jedes Jahr neue weihnachtliche Szenen). Gleichzeitig passt jede Figur in jedes Setting, von realistisch über historisch bis futuristisch und phantastisch.

Das Marketing: Wachsen mit Lizenzen, Kooperationen und Spielfilmen

Erst seit 2017 öffnet sich Playmobil so wie LEGO dem Markt für Lizenzen. Seitdem sind Figuren zu den Themen Ghostbusters, Spirit und Drachenzähmen leicht gemacht erschienen. Auch populäre Sportthemen wie die National Hockey League in den USA und Kanada werden aufgegriffen. Im Spätsommer 2019 erschien – ebenfalls nach dem Vorbild des dänischen Mitbewerbers – sogar ein Spielfilm, der sich ganz der Welt von Playmobil widmete und das junge Publikum abseits der Bildschirme für die Figuren begeistern sollte.

Es ist der jüngste Schritt nach einer Reihe von Kooperationen, mit denen Playmobil bereits Mitte der 2000er begonnen hat. So wurde die Martin-Luther-Figur, die 2015 im Auftrag der Evangelischen Kirche Deutschlands sowie des deutschen Tourismusverbandes hergestellt wurde, mit weit über 1 Million verkauften Stück zur erfolgreichsten Einzelfigur der Unternehmensgeschichte. Ihr folgten weitere Berühmtheiten wie Levi Strauss, Johann Sebastian Bach und Wolfgang Amadeus Mozart, die teilweise in Museen ausgestellt und verkauft werden. So verankert sich Playmobil immer mehr als „öffentliches Kulturgut“.

Die Innovationen: Playmobil für „Kidults”

Ihre Sammelleidenschaft, die emotionale Bindung an das Spielzeug aus der Kindheit und nicht zuletzt ihre Kaufkraft machen Erwachsene schon seit längerem zur relevanten Zielgruppe. Über die letzten Jahre wurde Spielen für Erwachsene durch Malbücher oder ferngesteuerte Drohnen salonfähig. Auch hier setzt Playmobil an: mit Sondereditionen zu historischen Ereignissen, Wiederauflagen historischer Spielwelten oder geplanten Lizenzen für Kultklassiker wie Zurück in die Zukunft will man die Marke im Erwachsenenspielmarkt etablieren und dadurch breiter aufstellen.

Den Business-Bereich hat Playmobil ebenfalls im Blick. Laut Frank Müller, Head of Business Development bei Playmobil, kommen die Figuren gerade im Coaching und in der Therapie bereits oft zum Einsatz. Derzeit wird sondiert, wie man dieses neue Geschäftsfeld bei den Erwachsenen besetzen kann.

Die Herausforderung: Die nächste Generation abholen

Neue Ideen sind jedenfalls gefordert, denn die Spielzeugbranche befindet sich seit Jahren im Abwind. Die in Technologie bewanderten Kids verbringen einerseits immer mehr Zeit mit ihren Gadgets und sind andererseits schwerer über die bewährten Marketingkanäle zu erreichen. Playmobil begegnet dieser Herausforderung ähnlich wie LEGO: über das Aufspringen auf Trends in Kultur und Medien. So ist die neue Novelmore-Ritterwelt spürbar von Game of Thrones inspiriert.

Und wie die aktuelle selbstproduzierte YouTube-Serie Playmo High, die das junge Publikum in ihrer alltäglichen Lebenswelt abholen möchte, soll aus Novelmore eine familienfreundliche Stop-Motion-Version von phantastischen Heldenabenteuern werden. Und auch ein charmanter Auftritt auf Instagram, der die Ideen der Community mit aufnimmt, will Jung und Alt mithilfe des größten Konkurrenten „Mobiltelefon“ wieder zum fantasievollen Spiel animieren.

Playmobil: Die MARMIND® Top Tipps

Wiedererkennungswert schaffen – die Basis für das Produkt Playmobil ist auch nach 45 Jahren noch dieselbe.

Den Mitbewerb im Auge behalten – und sich auch mal von guten Ideen inspirieren lassen.

Das Kind im Erwachsenen ansprechen – ein spielerischer Umgang mit dem Produkt lohnt sich auch für Unternehmen außerhalb der Spielzeugbranche.

Verfasst von

Peter Ramsenthaler

Peter Ramsenthaler

Als Peter Ramsenthaler in den 90ern bei einem Weltkonzern arbeitete, stellte er fest, dass Excel-Chaos und mühsame Prozesse dem Marketingteam das Leben erschwerten. Er beschloss kurzerhand eine Software für die sichere Steuerung im Marketing zu entwickeln, damit Marketer außergewöhnliche Ideen umsetzen können.